Die Rettungshundestaffel der Johanniter im Kreis Schleswig-Flensburg
12. März 2015 – Schleswig: Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn Personen vermisst werden, Kinder sich verlaufen haben, Sportler im Gelände verunglückt sind, Unfallopfer im Schockzustand davonlaufen oder suizidgefährdete Personen gefunden werden müssen, die Rede ist von den Rettungshunden. Eigens für diese und weitere Zwecke gibt es im Kreis Schleswig-Flensburg eine Rettungshundestaffel der Johanniter. Die aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Gruppe verfügt derzeit über 19 Hunde, von denen sieben bereits geprüfte Flächensuchhunde sind. Neun befinden sich noch in der Ausbildung zum Flächensuchhund und drei werden zu sogenannten Mantrailern ausgebildet. Bei Rettungshunden, die nach Personen suchen, unterscheidet man im wesentlichen zwei Arten von Ausbildungen. Dies sind zum einen die Flächensuchhunde, die nicht anhand des individuellen Geruches einer bestimmten Person suchen, sondern in großen Flächen eingesetzt werden und dort Personen anzeigen, die eine unnatürliche Körperhaltung einnehmen. Personen die sitzen, liegen oder kriechen zeigt der Hund seinem Hundeführer an. Der Mantrailer hingegen sucht gezielt nach einer ganz bestimmten Person. Ihm wird vor der Suche eine Geruchsprobe gegeben und der Hund versucht anhand dieser Probe die Fährte der Person aufzunehmen, die diese gegangen oder gelaufen ist. Beide Ausbildungen haben Vor- und Nachteile, je nach Situation kommen Mantrailer oder Flächensuchhunde zum Einsatz oder lassen sich in Einsatzlagen sogar kombinieren. In dicht bebauten Gebieten und wenn eine spezifische Geruchsprobe vorliegt, dann sind die Mantrailer im Vorteil. In Wald- und Wiesengebieten, wenn es darum geht große Flächen abzusuchen und wenn keine Geruchsprobe der vermissten Person vorliegt, dann sind Flächensuchhunde die ideale Wahl.
Tausende Quadratmeter in wenigen Minuten
„Ein Hund kann in der Fläche etwa 40 bis 50 Helfer ersetzen und kann in 15 Minuten bis zu 30.000 Quadratmeter absuchen“, erklärt Jörg Oestreich, der Leiter der Rettungshundestaffel der Johanniter im Kreis Schleswig-Flensburg. „Unsere Flächensuchhunde haben keinen spezifischen Geruch des Vermissten, sie suchen mit „halbhoher“ Nase nach menschlicher Witterung“, so Oestreich, „wir trainieren die Hunde dabei auf bestimmte Muster, so zeigen die Tiere bei der Suche in einem Waldgebiet keine Personen an, die sich normal verhalten. Menschen, die liegen, hocken, kriechen oder auch Personen im Rollstuhl hingegen sind für den Hund ein antrainiertes Muster, welches auf eine Hilfsbedürftigkeit hinweist und diese werden dem Hundeführer dann angezeigt.“
Bis ein Hundeführer mit seinem Tier in einen echten Einsatz kann, müssen Mensch und Tier jedoch zunächst eine langwierige Ausbildung durchlaufen und Prüfungen absolvieren. „Ob ein Hund als Flächensuchhund oder Mantrailer geeignet ist, ist nicht unbedingt nur von der Rasse abhängig, die Hunde müssen gerne spielen und fressen und dürfen keinerlei Aggressionen zeigen“, so Oestreich. Vor Beginn der Ausbildung müssen Mensch und Tier einen Eignungstest bestehen. Hier wird geprüft ob die Hunde Angst vor Menschen oder Gegenständen haben. Die Hunde müssen sich in unterschiedlichen Situationen bewähren, es wird unter anderem geschaut, wie sie mit Feuer, Rauch oder Lärm umgehen. „Bestehen die Hunde den Eignungstest, dann kann die Ausbildung beginnen“, erklärt Oestreich, „diese dauert bei uns zwei bis drei Jahre, wir trainieren zwei Mal die Woche und am Ende findet eine zentrale Prüfung statt, die alle 18 Monate wiederholt werden muss.“ Die Tatsache, dass im realen Einsatz nur geprüfte Hunde eingesetzt werden dürfen, ist für den Staffelleiter Jörg Oestreich ein wichtiger Aspekt: „Wir tragen eine große Verantwortung, wenn wir mit unseren Hunden suchen, kehrt der Hund ohne Ergebnis aus einem Suchgebiet zurück, dann muss ich mich darauf verlassen, dass da wirklich niemand ist und gebe das Gebiet frei, ein geprüfter und fertig ausgebildeter Hund liegt eigentlich nie falsch!“
Mensch und Tier werden ausgebildet
Um an den so wichtigen Nachwuchs für diese ehrenamtliche und zugleich wichtige Aufgabe zu kommen entschieden sich die Rettungshundestaffel der Johanniter im Jahr 2012 eine Art „Casting“ zu veranstalten. Damals gab es in der Staffel lediglich zwei geprüfte Hunde. Franz-Xaver Bründl und seine Labrador-Hündin Amy waren damals eines von 28 Teams, die Interesse an dieser Tätigkeit bekundeten. „Damals entschied man sich für dreizehn Teams, heute bin ich jedoch der einzige, der aus dieser Runde übrig geblieben ist, die übrigen schieden nach und nach aus Zeitgründen aus.“
Doch nicht nur der Hund muss im Laufe der Ausbildung viel lernen, auch der Hundeführer selbst hat viel zu bedenken. Vertrauen in die Arbeit seines Hundes ist dabei nur ein wichtiger Gesichtspunkt, hinzu kommen Karten- und Kompasskunde, Kynologie, Erste Hilfe am Hund, Sprechfunkverkehr, Einsatztaktik, Unfallverhütung und eine Sanitätshelferausbildung. Ein Hundeführer muss bei dem Gang mit dem Hund in ein Suchgebiet taktisch klug vorgehen. Mit am wichtigsten ist die Bestimmung der Windrichtung, ein Hund nimmt die Witterung gegen den Wind auf und nähert sich so einer möglichen vermissten Person. Eines der bedeutendsten Hilfsmittel der Hundeführer ist zum Beispiel ein Fläschchen Seifenblasen, mit diesen sich schnell die Windrichtung bestimmen lässt. Kenntnisse über die Windrichtung sind bei der Suche mit Hunden elementar.
Der reale Einsatz – Die Suche nach Vermissten
Zu etwa 50 Einsätzen wird die Rettungshundestaffel der Johanniter im Jahr alarmiert. Dabei arbeiten sie an Einsatzstellen auch mit anderen Rettungshundestaffeln zusammen. Alarmiert werden die Hunde von den Leitstellen der Polizei und der Feuerwehr, aber auch Alarmierungen durch Privatpersonen sind möglich und erfolgen hin und wieder. „Der Ablauf eines Einsatzes ist in der Regel immer der gleiche“, erläutert Oestreich, „wenn wir alarmiert werden, dann fahren wir an den Einsatzort und sammeln zunächst so viele Daten und Informationen über die vermisste oder die vermissten Personen wie nur möglich. Welche Probleme liegen vor, ist die vermisste Person dement, suizidgefährdet, welche Kleidung hat die Person an, benötigt sie Medikamente, gibt es Fotos, je mehr wir wissen, desto genauer können wir die Suche ausarbeiten.“ Bevor die „Hunde losgelassen“ werden, wird mit Hilfe von Karten ein Einsatzgebiet abgesteckt und Kreise um den Punkt der letzten Sichtung gezogen. „Möglich wäre dann, dass der Einsatzleiter zunächst einen Mantrailer einsetzt um zu schauen ob dieser anhand einer Geruchsprobe die Fährte aufnehmen kann. Kommen wir dann in weniger besiedelte Gebiete besteht die Möglichkeit rechts und links der Fährte, die der Mantrailer folgt, unsere Flächensuchhunde einzusetzen. Es ist also durchaus möglich mehrere Hunde bei der Suche gleichzeitig einzusetzen und zu kombinieren“, so Oestreich.
Findet der Flächensuchhund eine Person, die einem der antrainierten Muster entspricht, dann gibt es drei unterschiedliche Arten, wie dieser den Hundeführer darauf aufmerksam macht. Der sogenannte „Verbeller“ bleibt bei der aufgefundenen Person und bellt so lange bis der Hundeführer ihn erreicht hat. Hinzu kommen zwei Varianten von „Freiverweisern“: Der Hund findet eine Person und „pendelt“ dann zwischen der aufgefundenen Person und dem Hundeführer hin und her bis die Distanz überwunden ist. Dabei zeigt er dem Hundeführer deutlich an, dass er nicht länger sucht, sondern eine Person gefunden hat. Bei der zweiten Variante der „Freiverweiser“ kehrt der Hund nach dem Auffinden einer Person zum Hundeführer zurück, zeigt ihm auch hier deutlich an, dass er jemand gefunden hat, wird angeleint und führt den Hundeführer an der Leine zum Ort des Auffindens. Jede dieser drei Arten hat ihre Vor- und Nachteile.
Auch die Art der Suche variiert von Hund zu Hund. Es gibt Hunde, die werden im Suchgebiet von der Leine gelassen und verschwinden blitzartig aus dem Sichtfeld des Hundeführers und suchen eigenständig einen großen Bereich ab, bis sie eine Person finden oder ohne Ergebnis zurückkehren. Andere Hunde bleiben im Sichtbereich des Hundeführers oder kehren häufiger zurück und lassen sich das Suchgebiet bestätigen.
Die derzeit 14 Mitglieder der Johanniter Hundestaffel arbeiten ehrenamtlich, meist neben ihrem normalen Berufsalltag. Auch die Kosten für die Ausbildung und die vielen hundert Übungsstunden im Laufe der Jahre zahlen sie aus eigener Tasche. Alle Mitglieder verbindet der Wunsch, sich ehrenamtlich zu engagieren, die Liebe zum Hund und die
Freude an der Arbeit mit Hunden. „So wie das Spielzeug oder die Leckerlis unsere Hunde motivieren, so motiviert uns der GedankeMenschenleben zu retten“, sagt Jörg Oestreich. Wenn Sie die Rettungshundestaffel der Johanniter unterstützen möchten, dann finden Sie weitere Informationen unter www.johanniter.de/shnw – auch sind interessierte Hundehalter, die sich eine ehrenamtliche Tätigkeit und die Ausbildung zum Rettungshund vorstellen können, immer herzlich willkommen.