Corona: Flensburgs Einsatzkräfte ergreifen Maßnahmen
Flensburg: Während immer mehr Menschen in Flensburg und dem Umland zu Hause bleiben, sind es insbesondere die Mitarbeiter von Feuerwehr, Rettungsdiensten, Polizei, Leitstellen und den Krankenhäusern, die es mit teils großen Herausforderungen zu tun haben. Vorrangiges Ziel ist es diese sogenannte kritische Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Als kritische Infrastruktur bezeichnet man Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.
Gerade die Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit in der medizinischen Notfallversorgung gilt es auch bei einer weiteren Verschlechterung der Lage zu gewährleisten. So sind in Flensburg bei den Rettungsdiensten, der Feuerwehr und der Polizei bereits etliche Maßnahmen angelaufen, sowie weitere in Vorbereitung.
Leitstelle holt ehemalige Mitarbeiter zurück
Auch und besonders in der Regionalleitstelle in Harrislee steht ein möglichst störungsfreier Betrieb im Vordergrund. „Niemals zuvor haben die Einrichtungen der Gefahrenabwehr eine solche Lage erlebt“, berichtet Achim Hackstein, der Leiter des kommunalen Teils der Leitstelle Nord, „es gibt keine Pläne und keine Erfahrungen, auf die wir zurückgreifen können.“
Um unter den Disponenten der Leitstelle das Infektionsrisiko zu minimieren wurden die Mitarbeiter breiter im Raum verteilt und arbeiten teilweise bereits räumlich getrennt. „Ein Problem, das die Lage nicht gerade vereinfacht ist, dass wir verhältnismäßig wenige Spezialisten (Disponenten*innen und Schichtleiter) haben“, so Hackstein, die für eine halbe Million Menschen verantwortlich sind und „nicht mal eben“ ersetzt werden können.“ Da man auch in der Leitstelle davon ausgehen muss, dass Mitarbeiter in Quarantäne gehen müssen, wurden bereits ehemalige Mitarbeiter um Unterstützung gebeten und ab kommender Woche gilt ein neuer Dienstplan, mit dem die beteiligten Disponenten im Fall einer Quarantäne begrenzt werden können. „Wir stehen in engem Austausch mit den Führungseinrichtungen der Kreise Nordfriesland, Schleswig-Flensburg und der Stadt Flensburg“, berichtet Hackstein, so dass alle Maßnahmen koordiniert werden und wir davon ausgehen, gemeinsam „vor die Lage“ zu kommen.“
Notruf 112 nur für Notfälle
Innerhalb der Leitstelle belastet das dortige Personal momentan vor allem ein überproportional hohes Anrufaufkommen. Im Vordergrund stehen hierbei Fragen zum Corona-Virus, die die Notrufleitungen blockieren. Die Leitstelle bittet um folgendes: „Rufen Sie die 112 nur in wirklichen Notfällen oder Notlagen an, für alle anderen Anfragen und Anliegen steht der Bevölkerung die Rufnummer der Kassenärztlichen Vereinigung 116117 oder das Info-Telefon des Landes über die Rufnummer 0431-79700001 zur Informationsgewinnung zur Verfügung. Halten Sie die 112 für Notfälle frei.“ Die Stadt Flensburg hat zudem ein Infotelefon eingerichtet, dass unter der Woche zwischen 8-18 Uhr und am Wochenenden von 10-18 Uhr unter 0461-858585 erreichbar ist.
Feuerwehr und Rettungsdienst strukturieren um
Große Herausforderungen für Personal und Infrastruktur auch bei Berufsfeuerwehr und dem Rettungsdienst Promedica in Flensburg. Um einem starken Ausfall von Mitarbeitern vorzubeugen greifen hier bereits seit Tagen etliche Maßnahmen, weitere sind in Vorbereitung. Besatzungen der einzelnen Rettungswagen und auch der Feuerwehrfahrzeuge sollen getrennt werden. Der Kontakt untereinander so gering wie möglich gehalten werden. „Für diesen Zweck werden wir ab Donnerstag unsere Rettungswagen, sowie den Löschzug getrennt voneinander unterbringen“, berichtet Lars Hammon von der Berufsfeuerwehr, „für diesen Zweck nutzen wir Ferienwohnungen und andere Objekte, strategisch verteilt im Stadtgebiet.“ Ein neuer Dienstplan, der gewährleistet, dass pro Standort und Fahrzeug immer die gleichen Mitarbeiter eingesetzt werden, soll dafür sorgen, das im Falle einer Ansteckung oder Quarantäne nicht große Teile der Belegschaft ausfallen und die Einsatzfähigkeit gefährden. Alleine für den Rettungsdienst wird es sechs neue Standorte, verteilt im ganzen Stadtgebiet geben, ein Löschfahrzeug des Alarmlöschzuges wird nach Mürwik verlegt.
Auch beim Rettungsdienst Promedica, der im Auftrag der Berufsfeuerwehr teile der Versorgung in Flensburg übernimmt, sind ähnliche Maßnahmen umgesetzt worden. Das Personal ist dort bereits so weit es geht räumlich getrennt untergebracht.
Die ohnehin strengen Hyghienevorschriften bei Feuerwehr und Rettungsdienst wurden nochmals erheblich ausgeweitet. Es gilt ein generelles Betretungsverbot für Dritte auf allen Feuer- und Rettungswachen, Räumlichkeiten und Fahrzeuge werden wesentlich häufiger desinfiziert als üblich. Der Kontakt zu Patienten und Angehörigen soll auf das nötigste beschränkt werden, eine Mitnahme von Angehörigen in den Rettungswagen ist nicht mehr erlaubt.
„Alle unsere Mitarbeiter zeigen sich hoch motiviert die bevorstehenden Herausforderungen anzupacken“, berichtet auch der Chef der Flensburger Berufsfeuerwehr, Carsten Herzog, „wir müssen alles unternehmen um widerstandsfähig zu bleiben, das ist auch der Sinn und Zweck der kleinen Wachen, die einen bestmöglichen Schutz unserer Mitarbeiter vor Infektionen bieten sollen.“
Keine Corona-Tests im Zelt vor der Diako
Die beiden Flensburger Krankenhäuser Diako und St. Franziskus-Hospital sind gut vorbereitet. „Seit Anfang der Woche führen wir strenge Zugangskontrollen durch“, berichtet Ole Michel, Pressesprecher der Diako, „Besuche bei Patienten sind nur noch in Ausnahmefällen erlaubt.“ An diese Anordnung halten sich die meisten Bürger. Nach Informationen der Diako sind am Montag über den Tag verteilt 180 Befragungen in dem Zelt vor dem Haupteingang der Diako durchgeführt worden. Erheblich weniger Besucher als sonst üblich.
„Unser Personal in dem Zelt vor dem Haupteingang wird zusätzlich zu den Anfragen auf Besuchserlaubnis bei Patienten immer wieder von Bürgern aufgesucht, die sich auf Corona testen lassen wollen“, berichtet Michel, „dem müssen wir ganz klar eine Absage erteilen, bei uns im Zelt werden kein Tests durchgeführt.“ Auch hier verweist die Diako an die Rufnummer der Kassenärztlichen Vereinigung unter 116117. Auch wenn das Anrufaufkommen dort so hoch sein kann, dass alle Leitungen belegt sind, stehen für derartigen Anfragen einzig die Hausärzte oder die Kassenärztliche Vereinigung zur Verfügung.
„Intensivpflichtige Corona-Patienten haben wir, mit Stand von Montagabend, bislang in unseren Kliniken keine“, berichtet Ole Michel, „die beiden Krankenhäuser haben sich für den Fall der Fälle jedoch dahingehend abgesprochen, dass die Intensivstation des St. Franziskus-Hospital für Corona-Patienten genutzt wird und die der Diako für alle anderen.“ Grund dafür auch der, dass im Franziskus-Hospital die Lungenspezialisten ansässig sind und es sich bei dem Corona-Virus in erster Linie um eine Lungenerkrankung handelt. Wie auch in den anderen Krankenhäusern im Land, wird in Flensburg derzeit auf alle verschiebbaren Operationen und Aufnahmen verzichtet um Kapazitäten zu schaffen bzw. freizuhalten.
Lage bei der Polizei ist entspannt
Bei der Landespolizei in Flensburg ist die Lage derzeit entspannt. „Uns sind keine Zwischenfälle bekannt, die in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen“, berichtet Pressesprecher Christian Kartheus, „gleichzeitig laufen aber auch bei uns Planungen und Vorbereitungen die Kontakte unter den Kollegen zu minimieren und die Besucherströme auf den einzelnen Wachen und Dienststellen zu reduzieren.“ In dem Zusammenhang bittet die Landespolizei Schleswig-Holstein darum, nur wenn es nicht anders geht, auf den Dienststellen zu erscheinen. Alternativen sind da beispielsweise die Onlinewache im Internet. „Hygiene ist auch bei uns ein Thema“, so Kartheus, „dafür sind die Kollegen aber gut ausgestattet. Grundsätzlich führen wir auf den Streifenwagen immer eine Grundausstattung, bestehend aus Einweghandschuhen, Desinfektionsmittel und Gesichtsmaske, mit.“ Einsatzkräfte der Polizeidirektion Flensburg sind aktuell auch an den Fähranlegern zu den nordfriesischen Inseln, sowie der Autoverladung nach Sylt im Einsatz. Die Inseln sind für jeglichen touristischen Verkehr gesperrt, die Beamten kontrollieren somit wer rüber darf und wer nicht.